Wenn der Haubenkoch Helmut Rachinger in seine Küche einlädt, ist das wahrlich eine große Ehre! Nur zu gerne folgen wir seiner Einladung am frühen Nachmittag und klopfen an die Tür seines Reichs im Designhotel Mühltalhof im österreichischen Mühlviertel. Gut gelaunt lässt er uns hinein. Auf dem Herd köchelt ein riesiger Topf mit Fischsuppe, im Backofen wird Fleisch geröstet. Es sind nur noch wenige Stunden bis zum abendlichen Fünf-Gänge-Menü und Helmut Rachinger starrt kurz in sein schwarzes Buch. Kein Kochbuch, sondern ein linierter Kalender! Und unter dem heutigen Datum ist noch viel Platz. Das Menü entsteht gerade im Kopf des Mühlviertlers.
Vor ihm liegen grüne Spargelstangen, halbe Hähnchen und frische Forellen. Die Stirnfalten entkräuseln sich und plötzlich schreibt der mit zwei Hauben ausgezeichnete Koch einer Eingebung folgend das Menü herunter. Kalbstartare mit grünem Spargel, Forellensuppe und Wildhenderl mit Brennesselspinat und Orfisch. Wie bitte? Neugierig fragen wir den sympathischen Koch nach dieser Spezialität. „Achso, das ist ein pochiertes Ei,“ schmunzelt der Mittvierziger und teilt uns einfache Arbeiten zu. Wir dürfen für einen Nachmittag als Küchenhilfen beim Zwei-Haubenkoch arbeiten. Als Hobbykoch freue ich mich, vom großen Meister lernen zu dürfen und gespannt schaue ich zu, wie ich gleich die frischen Erdbeeren für das Dessert schneiden soll.
Helmut Rachinger bewirtet uns köstlich. Nebenher kocht er drei Hühnereier und blanchiert grünen Spargel – fertig ist die kleine Speise. Einfach Spargel ins weiche Eigelb tauchen, etwas Salz dazu und probieren, köstlich! Dazu serviert er ein kleines Glas Rotwein.
Gegen 18 Uhr wird es dann hektisch, der Service beginnt. Helmut Rachinger legt eine Forelle auf den Teller, gibt die klare, asiatisch angehauchte Forellensuppe mit Ingwer und Zitronengras darüber. „Auf zu neuen Ufern“, tauft er seinen Zwischengang heute. Und zum Abschluss tröpfelt er vorsichtig etwas goldglänzendes, kaltgepresstes Leinöl aus der nahe gelegenen Haslacher Ölmühle auf die Fischsuppe.
Meinen Speisen gibt das Leinöl einen besonderen Geschmack und eine regionale Note“, findet der Haubenkoch und empfiehlt einen Besuch der historischen Ölmühle. Dem kommen wir gerne nach und fahren am nächsten Morgen in den winzigen Ort Haslach mitten im Mühlviertel. Hier treffen wir auf Sepp Schürz, seines Zeichens Leinölmeister. Er streift seine staubigen Hände an der abgewetzten, hellblauen Jeans ab und stemmt zufrieden die Arme in die Seiten, als das goldglänzende Leinöl literweise aus einem kleinen Metallrohr schießt. Die schwere Arbeit ist getan und der erfahrene Ölmeister muss warten, bis der beigefarbene Krug voll ist.
Entspannt greift er nach seinem Teller mit Leinölerdäpfeln, setzt sich auf einen alten, hölzernen Schemel und tröpfelt etwas kaltgepresstes Leinöl aus einer dunkelbraunen Flasche über das traditionelle Gericht. Das Etikett zeigt die Ölmühle Haslach, eine der letzten Leinölmühlen Oberösterreichs. Und genau hier arbeitet Sepp Schürz seit über zehn Jahren. Im kleinen Weberort Haslach an der Grenze zu Tschechien drehen sich seit über 600 Jahren die Räder der Mühlviertler Ölmühle. Früher wurde hier Getreide mit Wasserkraft gemahlen, heute erzeugen Turbinen den Strom für die Gerätschaften der Ölpresse. Inhaber Gunther Koblmiller steigt die knarzenden Holzstiegen hinauf. Es riecht intensiv, die Luft ist stickig. Der gelernte Baumeister krempelt die Ärmel seines grauweiß gestreiften Hemdes hoch und schnappt sich ein Bündel Fasern, an dem unzählige Fruchtkapseln hängen.
Im ersten Schritt muss der Leinsamen getrocknet werden“, weiß der Ölmüller und deutet auf einen Flechtkorb mit rotweiß kariertem Deckchen und dunkelbraunen Körnern. Beim althergebrachten Warmpressen werden anschließend die Samen gemahlen und gerührt. Sepp Schürz betreut heute alle Prozesse allein und schaufelt die Rührmasse geschäftig in den Röster.
Die hydraulische Presse übernimmt den letzten, entscheidenden Schritt. „Rund acht Liter bekomme ich mit bis zu 400 Bar Druck aus einem Zylinder Mehl.“ Sepp Schürz kennt die Fakten. An einem Arbeitstag produziert er gut 45-50 Liter Leinöl, pro Jahr etwa 10.000 Liter. Das Geschäft lohnt sich, denn Leinöl ist aufgrund des hohen Anteils an gesunden Omega-3-Fettsäure heute stark gefragt. Die Produktion steigt sogar jährlich um gut 10 Prozent. So wird in Kürze Theresa, die jüngste Tochter des Pensionärs Koblmiller, den Betrieb übernehmen und die mehr als 250 jährige Familientradition weiterführen.
Jetzt müsst ihr aber unser Leinöl probieren“, drängt Regina Schürz, weder verwandt noch verschwägert mit Sepp Schürz, aber auch seit 20 Jahren in der Mühle tätig. Schnell serviert sie uns zwei bunte Teller voll mit dem ehemaligen Arme-Leute-Gericht Leinölkartoffeln und freut sich sichtlich, wie gut es uns schmeckt. Gerade im Mühlviertel entstehen ganz neue Kreationen mit dem Öl. „Meine Lieblingskombination ist Vanilleeis mit Leinöl“, verrät Regina Schürz. Das werden wir dann zuhause einmal probieren, denn natürlich hat uns die erfahrene Verkäuferin noch in den Shop der Mühle gelockt.
Unterkunft:
Schicke Design-Zimmer mit Blick auf die Große Mühl und hervorragende Haubenküche mit regionaler Küche bietet der familiär geführte Mühltalhof.
Mühltalhof Fam. Rachinger-EcklUnternberg 6 A-4120 Neufelden Internet: www.muehltalhof.at Restaurant: Ausgezeichnete Haubenküche mit saisonalen Gerichten und regionalen Produkten bietet der Haubenkoch Helmut Rachinger im Mühltalhof. Mühltalhof Helmut Rachinter
Unternberg 6 A-4120 Neufelden Internet: www.muehltalhof.at
Leinölmühle: Das Mühlviertler Leinöl wird noch auf traditionelle Weise in Haslach hergestellt. Ölmühle Haslach Inhaber Gunther Koblmiller A-4170 Haslach an der Mühl Internet: www.oelmuehle-haslach.at
Hinweis: Diese Reise wurde unterstützt vom Mühltalhof. Der Bericht stellt ausschließlich unsere eigene Meinung dar.
Das Essen sieht sehr lecker aus, und Leinöl soll ja auch sehr gesund sein. Hättest du einen Tipp, wo man hochwertiges kaltgepresstes Leinöl in Deutschland kaufen kann und worauf man achten sollte beim Kauf?
Leinöl ist sehr reichhaltig und gesund! Das Leinöl aus der Geschichte gibt es auch online im Shop der Ölmühle Haslach (http://www.oelmuehle-haslach.at/de/produkte.html), in Deutschland gibt es das Öl in fast jedem Bioladen zu kaufen. Wichtig: Das Leinöl sollte in einer dunklen, lichtundurchlässigen Flasche im Regal stehen, da Lichteinfall die Qualität des Produkts mindert. Ein Zeichen für gute Qualität ist auch die Reinheit: Also einfach auf der Flasche nachlesen, ob das Leinöl mit anderen, günstigeren Ölen versetzt wurde. Zuhause muss Leinöl nach Abbruch im Kühlschrank gelagert werden und sollte schnell verbraucht werden. Viel Spaß mit unseren Rezepten!
Sieht köstlich aus. Hat Euch Herr Rachinger auch das Rezept für die Fischsuppe verraten?