One Dollar Country – Eine Reise durch Kambodscha

Warum klingelt denn der Wecker sogar im Urlaub um 5 Uhr morgens? Nach der langen Anreise von Frankfurt über Seoul nach Siem Reap schäle ich mich müde aus dem Bett und öffne die Balkontür. Brütende Hitze schlägt mir schon vor Sonnenaufgang entgegen und nach einer kurzen Dusche springe ich ins bestellte Taxi.

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Auf den Straßen der kambodschanischen Stadt ist schon viel los. Unzählige Mopeds quetschen sich zwischen den Autos hindurch und nach einer guten Viertelstunde erreichen wir den Tempel Angkor Wat. Mein Fahrer lässt mich aussteigen und sucht einen Parkplatz. Noch liegt die dunkle Nacht über dem Urwald und schon vor dem Morgengrauen ist es drückend heiß. Taschenlampen blitzen zwischen den Palmen hervor und erhellen den holprigen Weg aus unregelmäßig verlegten Steinplatten.

Leises Getuschel mischt sich unter das morgendliche Konzert der Grillen. Am Ufer des kleinen Sees vor Angkor Wat warten einige Frühaufsteher, um den berühmtesten Tempel Kambodschas bei Sonnenaufgang zu fotografieren. Der Morgenhimmel färbt sich sanft rosa und die Silhouette der drei markanten Türme zeichnet sich in dunklem Grau ab. Der knapp eintausend Jahre alte Tempel spiegelt sich in den beiden, vor der großen Ehrenterrasse des Bauwerks gelegenen Teichen. Es ist das beliebteste Fotomotiv Kambodschas – und das Wahrzeichen des Landes.

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Als die Sonne hervorblitzt, klicken hunderte Kameras. Um halb sieben Uhr morgens ist das Spektakel vorbei und ich stärke mich erstmal mit einer vegetarischen Fried-Rice Variante mit reichlich Sojasauce. Dann beginnt das stramme Programm – an nur zwei Tagen möchte ich die wichtigsten Tempel der Region erkunden.

“Do you want postcards“, ein kleines Khmer Mädchen wartet vor dem Tempel Angkor Thom auf Touristen. Jedem bietet sie mit einem freundlichen Lächeln Zehnerpakete mit Tempelmotiven an. Leicht abschütteln lässt sie sich nicht. Sie ist schlagfertig, spricht sogar einige Brocken Deutsch. Vor den berühmtesten Tempeln drängen sich viele kleine Händler und bieten Schals, Armbänder oder kopierte Bücher an. Nach wenigen Stunden klingelt mir der Satz „Only one Dollar“ in den Ohren – scheinbar haben alle Andenken einen Standardpreis.

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Bereits wenige Schritte abseits der Hauptsehenswürdigkeiten ist jedoch nur noch tropisches Vogelgezwitscher zu hören. Im dichten Wald aus Würgefeigen und Kapokbäumen sind in angenehmer Ruhe unzählige Tempel und steinerne Überreste des ehemaligen Königreiches zu entdecken.

Die über 200 Quadratkilometer große Region Angkor liegt nördlich der kambodschanischen Stadt Siem Reap inmitten des Dschungels. Zwischen dem neunten und 15. Jahrhundert war Angkor das Zentrum des Khmer-Königreiches Kambuja – einer Hochkultur, die architektonische Meisterleistungen vollbrachte. In der Region wurden nacheinander mehrere Hauptstädte unter verschiedenen Herrschern errichtet. Angkor Wat ist der größte der mehr als 1000 Tempel, deren grau verwitterte Sandsteinspitzen noch heute aus dem dichten Urwald hervorschauen.

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Die Weltkulturerbestätte ist ein Besuchermagnet. Zu Stoßzeiten drängen sich viele hundert Touristen vor den berühmtesten Tempeln. Wer wie ich die Massen scheut, sollte sich gegen den Strom bewegen. Mittags ziehen die 200 steinernen Gesichter des Angkor Thom, die von den Türmen in alle Himmelsrichtungen schauen, nur wenige Besucher in ihren Bann. Am frühen Nachmittags ist der Angkor Wat relativ leer, etwas später lohnt sich die Fahrt zum Urwaldtempel Ta Phrom. Die Wurzeln der riesigen Bäume ranken sich entlang der Mauern und verleihen dem Tempel wildromantisches Flair.

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Doch Kambodscha ist mehr als Angkor Wat. Nach zwei Tagen reise ich über Land mit dem Bus in die pulsierende Metropole Phnom Penh. Die Straßen sind mittlerweile in gutem Zustand. Während man vor zehn Jahren noch zwei Tage unterwegs war, ist die Strecke heute in wenigen Stunden geschafft. An den Fenstern rauschen die saftig grünen Reisfelder des Hinterlandes vorbei. Kühe stehen am Straßenrand, der Reis trocknet auf großen, bunten Plastikplanen.

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Der Ausblick wird untermalt von lauter Karaoke Musik. Während die einheimischen Reisenden fröhlich mitsingen, empfiehlt sich für westliche Touristen ein MP3 Player mit hoher Akkulaufzeit. Nach fünf Stunden Fahrt wechselt das Bild. Unzählige Mopeds drängen sich hupend durch die Straßen der geschäftigen Hauptstadt Kambodschas. Auf den Bürgersteigen stehen kleine Marktstände mit exotischen Früchten, am Straßenrand warten Tuk Tuk Fahrer auf Gäste.

Es ist heiß in der Stadt. Die Luft ist drückend, an lange Spaziergänge ist nicht zu denken. Ich suche mir ein günstiges Guesthouse und erkunde die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Für umgerechnet 20 Dollar fährt mich ein Tuk Tuk Fahrer einen ganzen Tag durch die Stadt. Ein frischer Wind weht durch das offene Gefährt und der Fahrer wartet im Schatten dösend vor den Tempeln und Museen auf mich.

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Ich beginne mit dem Königlichen Palast, hier ist am frühen Morgen noch wenig los. Die strahlend weißen Gebäude mit pagodenartigen, gelbroten Dächern und verschnörkelten Giebeln verteilen sich in einem gepflegten Garten mit Seerosenteichen, kunstvoll beschnittenen Bäumen und kleinen Palmen. Besonders sehenswert sind die prächtige Thronhalle und die Silberpagode, die mit tausenden Silberplatten ausgelegt ist und den kostbarsten Altar der Welt beheimatet: Ein Buddha aus purem Gold, viele tausend Diamanten und ein Smaragdbuddha bringen den Schrein zum Leuchten.

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Gegen Mittag suche ich einen Ort der Ruhe in der quirligen Hauptstadt auf, den Wat Phnom. Der Bergtempel leuchtet strahlend weiß, rosa Löwen bewachen am Eingang den riesigen Altar im Innenraum. Hier hat die Moderne Einzug gehalten, bunte Lichter blinken hinter einem kleinen Buddhakopf. Viele Einheimische sitzen auf dem Rasen rund um den Tempel und picknicken. Der Eintritt? Natürlich „only one Dollar“.

Tempelberg Phnom Penh

Andenken gibt es auf dem trubeligen Russenmarkt, dem Psah Tuol Tom Pong. Der touristische Markt bietet alles von T-Shirts über Taschen und Schuhen hin zu gut kopierten Büchern, Buddhafiguren und Kosmetikartikeln.

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Der letzte Stopp der 20 Dollar Tagestour ist das berühmte FCC Hotel direkt am Fluss Tonle Sap. Bei einer Pina Colada zur Happy Hour ist der Blick auf den dunklen Fluss und die Straßen mit ihren fahrenden Märkten, hupenden Tuk Tuks und den leuchtenden Werbeplakaten am Fluss ein würdiger Abschluss des Tages.

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Nach zwei Tagen in der Hauptstadt reise ich über die Lebensader Kambodschas, den Mekong, mit dem Schnellboot gen Süden nach Vietnam. Knappe fünf Stunden hüpft das kleine, weiße Hang Chau Tourist Schiff über die braunen Wellen des breiten Flusses. An den Ufern winken Kinder, die Häuser der Fischerdörfer stehen auf hohen Stelzen direkt am Wasser. Frauen waschen ihre Wäsche im bräunlichen Fluss, Holzboote knattern mit lauten Motoren durch die Fluten. Erster Stopp ist an der kambodschanischen Grenze.

Grenze

Das Boot legt an einem wackeligen Holzsteg an und die Reisenden wandern entlang kleiner Hütten zur Kontrollstelle. „Do you want bananas?“ die Dorfbewohner versuchen noch letzte Geschäfte zu machen. „Only one Dollar!“ Mit einem bürokratischen Blick wird die Ausreise aus Kambodscha besiegelt. Die drei Türme des Angkor Wat sind im Reisepass verewigt.

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2 Comments

  • Kambodscha ist wirklich ein tolles Land und es lohnt sich auch für einen mehrwöchigen Trip. Ich komme gerade von einem 2 Monatstrip wieder und habe mich quasi nie gelangweilt.
    Was mir aufgefallen ist, die Leute sind wirklich umgänglich und sehr bemüht auch ohne Geld dafür zu erwarten. Wirklich angenehme Erfahrung!

    • Wow, mehrere Wochen in Kambodscha. Das klingt super! Leider war ich nur eine gute Woche dort und habe mir vorgenommen, das Land unbedingt wieder zu besuchen. Wo warst Du?

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