Plötzlich zieht Diosdado Quiao kräftig am Gashebel und schon hüpft das winzige Zodiac über die Wellen wie ein junger Springbock. Krampfhaft halte ich mich an den Leinen des schwarzen Gummiboots fest und bin jetzt doch froh, dass mir der dritte Offizier eine Schwimmweste angelegt hat. Wir schießen über das leicht aufgewühlte Mittelmeer irgendwo zwischen Ibiza und Mallorca, Land ist nicht in Sicht! Auch die sieben anderen Abenteurer im Boot blicken teils neugierig, teils angespannt auf den jungen Matrosen.
Nach einigen hundert Metern voller Fahrt voraus bremst er das Gummiboot und dreht es aus den Wellen. Sofort zücken wir unsere Kameras und Smartphones, endlich passt das große Segelschiff vor uns vollständig aufs Display. An diesem sonnigen Tag hat die Sea Cloud alle Segel gesetzt und gleitet majestätisch über das offene Meer. Doch schon nach wenigen Minuten ist die Fotosafari auf hoher See vorbei und das Zodiac springt über die Wellen zurück zum Mutterschiff.
Getauft als „Hussar“ verließ die Sea Cloud 1931 als damals größte, private Segelyacht der Welt die Germaniawerft in Kiel. Die New Yorker Millionenerbin Marjorie Merriweather Post hatte das 110 Meter lange Prachtschiff in Auftrag gegeben und verbrachte viele Jahre mit ihrer Familie an Bord. Mit neuem Ehemann kam auch der heutige Name ins Spiel. Die Sea Cloud empfing fortan herrschaftliche Gäste und wurde sogar abhörsicherer Treffpunkt für Politiker. Nach bewegten Jahren im zweiten Weltkrieg machte sie als Partyschiff „Angelita“ Schlagzeilen, Hollywoodstars vergnügten sich in den edlen Gemächern. Nach dem Tod des Eigners zerfiel die Segelyacht, bis sie in den Siebziger Jahren in Panama entdeckt und als Kreuzfahrtschiff restauriert würde. Acht der 32 Außenkabinen sind heute wieder im Originalzustand mit goldenen Armaturen, Kamin und Himmelbett.
Mit 3,8 Knoten fährt der weiße Windjammer unter vollen Segeln gen Westen. An der Backbordseite hängt die Gangway hinunter und schaukelt mit unserem anlegenden Zodiac um die Wette. Per Sicherheitsgriff hake ich mich beim dritten Offizier ein, der auf der untersten Stufe steht und alle Segler wieder sicher an Bord geleitet. Mit weichen Knien steige ich die Gangway hinauf zurück an Deck, wo mich Patissier Marc Hetzer mit einem strahlenden Lächeln und Nervennahrung in Form von Sachertorte, Eisschokolade und Nusskeksen empfängt. Gestärkt lasse ich mich auf einen blauweiß gestreiften Liegestuhl an Deck fallen und blicke in den wolkenfreien Himmel.
Die Sonne scheint, die 3.000 Quadratmeter Segel knattern gemütlich im Wind. Langsam dämmert es und die internationale Deckmannschaft rollt die Taue aus. Wieselflink klettern die Jungs und Mädels die Masten hinauf und befestigen die Segel wieder an den Rahen. Die Hobbyskipper unter uns fachsimpeln über Besan, Bram, Obermars und andere Segel, während ich als Landratte nur suchend auf das bunte Segeldiagramm blicke, das der erste Offizier am Vormittag ausgeteilt hat.
Tagsüber sind kurze Hose und Segelschuhe angesagt, auch beim Abendessen geht es überraschend leger zu. Krawatte und Abendkleid sind nur beim Captain’s Dinner Pflicht. Uwe Pöhlmann hat einen riesigen Schwertfisch an Deck gewuchtet. „Den habe ich in Palma auf dem Markt entdeckt und gleich in den Menüplan eingebaut“, freut sich der Chefkoch aus Wiesbaden. Seit 2011 reist er mit der Sea Cloud um die Welt und kauft in den schönsten Markthallen ein. „An Bord kombiniere ich landestypische Speisen mit heimischen Rezepten.“ Denn schließlich sind viele deutschsprachige Gäste an Bord, die Reederei sitzt in Hamburg.
Um Punkt halb acht schneidet er den Schwertfisch unter den neugierigen Blicken einiger Kieler Segler an und serviert die gegrillten Filets auf dem offenen Lido-Deck. Der ungarische Bordpianist Peter Czifra gibt klassische Evergreens zum Besten, während die rote Sonne bei Ibiza im Meer versinkt.
Weiterführende Informationen:
SEA CLOUD CRUISES GmbHAn der Alster 9
D-20099 Hamburg
Internet: www.seacloud.com Hinweis: Diese Reise wurde unterstützt von Sea Cloud Cruises. Der Bericht stellt ausschließlich unsere eigene Meinung dar.